Ein großes Problem und gleichzeitig eines der hartnäckigsten Probleme, mit denen Du es zu tun bekommen kannst, ist Dein Perfektionismus.
Besonders wir Frauen sind hier anfällig. Männer scheinen leichter akzeptieren zu können, dass mehr als 100% nicht möglich sind und erledigen ihre Aufgaben trotzdem. 80 reichen ihnen meistens. Für uns müssen es schon 120% sein, gerne auch mehr.
Hartnäckig ist der Perfektionismus auch deshalb, weil er zwei völlig unterschiedliche Ausprägungen haben kann. Beide machen Dir das Leben schwer.
Einerseits kann er Dich daran hindern, überhaupt etwas zu tun. Dein Kopf ist davon überzeugt, dass Du es ja sowieso niemals perfekt machen könntest. Dann kannst Du es ja gleich sein lassen. Es wird ja eh nichts. Wer braucht das schon? Andere Leute könnten Dir ihre ehrliche Meinung sagen. Und was, wenn das Feedback negativ ist? Du könntest ja versagen!
Das Ergebnis? Null.
Andererseits bewirkt er häufig, dass nie fertig wird, was Du anpackst. Es wird ja eh nichts. Wer braucht das schon? Andere Leute könnten Dir ihre ehrliche Meinung sagen. Und wenn das Feedback negativ ist? Du könntest ja versagen!
Das Ergebnis auch hier: Null.
Wo macht sich Dein Perfektionismus bemerkbar?
Deine wichtigste Aufgabe ist, herauszufinden, wo genau sich Dein Perfektionismus bemerkbar macht.
- Was würdest Du gerne tun?
- Was wolltest Du schon immer mal machen?
- Was tust Du nur nicht, weil Du es nicht perfekt kannst?
Zu 80% handelt es sich hierbei um Dinge, um Eigenschaften, die mit Deiner Kreativität zusammenhängen.
Früher habe ich mir die Aufgabe “Ein Buch schreiben” immer so vorgestellt: Autor setzt sich hin, fängt an zu schreiben und irgendwann ist das Buch dann fertig.
In einem Guss fließt es aus dem Stift auf’s Papier (oder aus den Fingern in den Computer). Ähnlich ging es mir mit großen Meisterwerken. Da Vinci setzte sich in meiner Vorstellung eines Tages hin und malte die Mona Lisa. In einer Sitzung, ohne Vorbereitung, zwischen Frühstück und seinem nächsten Schlafintervall oder so.
2014 dann fuhr ich für eine Matisse-Ausstellung nach London und fand mich dort zwischen unzähligen Skizzen des großen Meisters wieder. Fingerübungen, Studien, Briefe, Gedanken in seinen Tagebüchern – sie alle waren für ihn Teil des kreativen Prozesses; natürliche Vorstufen für seine berühmten, wunderschönen Collagen und Gemälde.
Für Dich mag das jetzt lustig klingen, aber da ich diese Seite der Kreativität noch nie an mich herangelassen hatte, hatte ich dort im Tate Modern einen Moment der Offenbarung.
Art changes. We change.
-Aufschrift am Tate Modern, London
Je intensiver ich mich mit dem Entstehungsprozess kreativer Werke auseinandersetzte, desto klarer konnte ich meinen Perfektionismus erkennen und ihm entgegen treten.
Er hatte mich nicht nur davon abgehalten, etwas perfekt zu tun. Nein, er hatte mich davon abgehalten, überhaupt etwas zu tun.
Mein Buch „Mach Dein Leben leichter“ ist nicht perfekt, es ist das beste, was ich in diesem Moment zu geben hatte und es ist da draußen, es hilft meinen Leserinnen dabei, ihr Leben zu entrümpeln.
Ist das nicht viel wertvoller, als ein „perfektes“ Buch, das in einer Schublade Staub ansetzt?!
Perfektionismus tötet Kreativität
Wusstest Du, dass Van Gogh 5 Versionen seiner berühmten Sonnenblumen gemalt hat, bis er mit einer zufrieden war?
Wie oft ging es Dir in Deinem Leben auch so? Wie viele Momente fallen Dir ein, in denen Du lieber nichts gemacht hast, in denen Du es noch nicht einmal versucht hast, vor lauter Sorge, es nicht 100%ig hinzubekommen?
Wie oft verschiebst Du Vorhaben nach hinten, ploppen Gedanken wie „Ich krieg das nie so gut hin wie…“, „Wer bin ich denn schon, dass ich…“ oder „Warum denke ich, dass gerade ich…“ in Deinem Kopf auf?
Ich erhalte oft E-Mails von Leserinnen, die mir erzählen, dass auch sie gerne ein Buch schreiben, einen Blog starten, irgendetwas tun würden, aber sie glauben, dass es niemanden interessierte oder sie Angst vor den Rückmeldungen haben.
Viele von uns akzeptieren die Grenzen, die uns unser Verstand setzt, ohne murren. Gibt ja nur Millionen von Menschen auf der Welt, die Deutsch sprechen. Bestimmt gibt es niemanden, den interessiert, was ich zu sagen habe!
Und, und, und.
Die beste Medizin gegen Deinen lähmenden Perfektionismus ist, es einfach zu tun. Aber es gibt natürlich noch mehr (und vor allen Dingen etwas enger gefassste Tipps), was Du gegen Deinen Perfektionismus tun kannst.
Zum Glück gibt es geniale Strategien, mit denen Du Deinem Perfektionismus zu Leibe rücken kannst:
1. Erledige eine Aufgabe absichtlich nur zu 80%
Das ist die allerschwerste Aufgabe überhaupt. Wenn Du vorher alles nur zu mindestens 100, lieber noch mehr Prozent erledigt hast, versuche, angelehnt an das Paretoprinzip, bewusst nur 80% zu erledigen.
Das Paretoprinzip besagt, dass 80% der Ergebnisse in 20% der Zeit erzielt werden. Die restlichen 80% der Zeit verplemperst Du mit den 20% der Ergebnisse, die niemanden interessieren und die auch nicht maßgeblich zum Erfolg Deines Projekts beitragen.
Schreib Dir alles auf, was zum erfolgreichen Ergebnis dieser Aufgabe gehört und dann frage Dich bei jedem Punkt auf Deiner Liste:
- Trägt dieser Punkt zum Erfolg des Projektes bei?
- Wird jemand außer mir bemerken, wenn dieser Punkt fehlt?
- Wenn ich nur 8 von 10 Punkten erledigen könnte, würde ich diesen Punkt streichen?
Ich verspreche Dir, Du wirst überrascht sein, dass wirklich niemand bemerkt, dass Du nur 80% geliefert hast.
Häufig triffst Du so viel besser den Nerv, als mit einem überperfektionierten Ergebnis!
Im Vergleich zum 80%-Projekt hat das nämlich gerne ein Problem: man bekommt es nie zu Gesicht, weil es ja nie perfekt ist!
2. Mach Dich locker
Perfektionismus betrifft Dich häufig auch auf körperlicher Ebene. Perfektionismus kann Angst machen, kann verkrampfen und Stress auslösen.
Er äußert sich in flacher Atmung, einem Kloß im Hals, verspannten Schultern, zusammengepressten Zähnen, einem nervösen Darm oder einem flauen Gefühl im Magen.
Sobald Dir diese Symptome auffallen, ist es wichtig, dass Du aktiv daran arbeitest, sie aufzulösen.
Tiefe Bauchatmung, Meditation, Yoga, Joggen, Boxen – finde heraus, was für Dich gut funktioniert.
Eine Kurzanleitung zur Meditation und andere wertvolle Tipps findest Du in meinen Ressourcen für mehr Achtsamkeit!
3. Schreibe eine Dankbarkeits- und eine Erfolgsliste
Perfektionismus bedeutet, dass niemals etwas genug ist.
Du oder das, was Du tust ist nie gut genug, schnell genug, schön genug, perfekt genug.
Fokussiere Dich regelmäßig (am besten täglich einmal) auf das genug in Deinem Leben. So kannst Du Deinen Perfektionismus gleich im Keim ersticken. Notiere Dir 3-5 Dinge, für die Du jetzt gerade dankbar ist. Auf Deiner Liste können auf den ersten Blick banale Dinge stehen oder die Eigenschaften, die Du an Dir selbst als selbstverständlich ansiehst.
Ganz wunderbar ist es auch, Dir zu notieren, was Du am heutigen Tag schon alles erreicht hast. Denn häufig kriegt Dich der Perfektionismus wieder, wenn Du vor lauter offenen Punkten auf der To-Do-Liste gar nicht mehr siehst, was Du schon alles erledigt hast. So nehmen die Aufgaben gefühlt nie ein Ende, was zum allgemeinen Stresslevel beiträgt.
Weitere wertvolle Strategien, mit denen Du Deinem Perfektionismus zu Leibe rücken und Dir wieder mehr Fokus in Dein Leben holen kannst, lernst Du in meinem neuen Kurs FOKUSENERGIE kennen!
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