Vor einigen Monaten habe ich mich von diesem Blog verabschiedet. Und dann las ich eine Story auf Instagram und hadere seitdem mit mir. Denn mein erster Impuls war: darüber muss ich schreiben! Der zweite: das muss auf So little time!
Weil ich nicht an Zufälle glaube, gibt es heute trotz Abschieds einen neuen Artikel. Ob das nun häufiger vorkommen wird? Keine Ahnung. Ich lasse mich vom Leben treiben und gehe dorthin, wo es mich hinführt. Heute also auf Deinen Bildschirm – schön Dich zu sehen!
Die Sache mit den Grenzen
Das Wort, unter das ich mein Jahr 2018 gesetzt habe, ist boundar-ease. Ein Wortspiel aus Grenzen und Leichtigkeit. Denn genau danach verlangte es mich. Meine eigenen Grenzen deutlich zu machen und gleichzeitig leichter zu leben. Ausnahmsweise war das mal nicht im Sinne von Entrümplen gedacht – mehr dazu aber gleich.
Im letzten Jahr bin ich rigoros geworden, besser kann ich es nicht beschreiben. Ich habe mein Leben damit verbracht, es anderen Recht zu machen. Wenn Du hier schon länger unterwegs bist, weißt Du das natürlich, denn ich habe intensiv darüber geschrieben.
Ich habe nie das Gefühl gehabt, mein Leben zu leben, war nie in meinem Fluss unterwegs, habe nie an meinem eigenen Gras gearbeitet, sondern trieb in einer Fremdbestimmungssuppe, die ich mir zu einem Teil nicht selbst eingebrockt hatte. Aber auslöffeln musste ich sie dennoch – restlos.
Jetzt, da ich selbst Mutter bin, ist viel meiner alten Bitterkeit über diesen Umstand verflogen. Nicht erst seit ich das Buch „Das Kind in Dir muss Heimat finden“ gelesen habe (falls Du es noch nicht kennst: absolute Leseempfehlung!), weiß ich, dass Eltern nie perfekt sind. Dass die Natur damit rechnet und uns deshalb so etwas wie Resilienz mitgibt, es uns ermöglicht, zu verzeihen und manchmal auch den Weichzeichner der Erinnerung ansetzt bei Momenten, die für unsere Seelen eigentlich zu viel wären. Und dass das gut und okay ist, dass es natürlich ist und dass Eltern auch „nur“ Menschen sind – zum Glück!
Die Neu-Vermessung (m)eines Lebens
Und doch war es für mich an der Zeit, meine Grenzen neu abzustecken. Mein neues Leben zu vermessen und seine Ausmaße festzuhalten. Bis wohin darf jemand gehen, damit ich mich noch wohlfühle? Wofür reicht meine Kraft und wofür nicht mehr? Wie deutlich darf und will ich werden, wenn meine Grenze übertreten wird? Wer genießt etwas mehr Narrenfreiheit und ist das okay für mich?
Kommen wir zurück zur Story auf Instagram. In ihr schrieb die Userin the.minimalist.life, dass es ihr Job ist, sich selbst zu schützen und auf sich selbst aufzupassen. Dass es nicht ihre Aufgabe ist, auf die Befindlichkeiten anderer Rücksicht zu nehmen, wenn das bedeutet, dass sie selbst darunter leidet. Und damit rannte sie bei mir offene Türen ein.
Die ganze Welt dreht sich um mich, denn ich bin nur ein Egoist, der Mensch, der mir am nächsten ist, denn ich, ich bin ein Egoist.
-Falco
Bevor Du jetzt wütend wegklickst oder mir einen aufgebrachten Kommentar hinterlässt, ein kleiner Disclaimer: mir geht es NICHT um Handlungsweisen, die andere in ihrer physischen oder psychischen Unversehrtheit beschneiden. Kürzlich hörte ich von einem jungen Mann, der Sanitätern gegenüber handgreiflich wurde, weil der Rettungswagen sein Auto behinderte – während diese Menschen gerade versuchten, das Leben eines Kleinkindes zu retten. Don’t be that person! Es gibt Egoismus und Egoismus – ich denke mal, da sind wir uns einig.
Gesunder Egoismus
Ich spreche von der gesunden Form des Egoismus, in dessen Rahmen Du erkennst, dass Du in Deinem Leben der wichtigste Mensch bist. Dass Deine Unversehrtheit wertvoll, Deine Energie schützenswert ist. Dass es Deine Aufgabe ist, auf Dich zu achten und Deine Interessen zu vertreten. Weil Du eben von niemand anderem erwarten kannst, dass er es für Dich tut #teameigenverantwortung und so. Davon rede ich, wenn ich von gesundem Egoismus rede, nicht von einer border wall, mein Name ist ja nicht Donald Trump.
Gerade wir Frauen werden häufig in einem Umfeld groß, in dem unsere Vorbilder uns vermitteln, dass wir erst einmal an alle anderen denken sollen, dann lange an nichts, vielleicht nochmal an die Nachbarn und dann irgendwann eventuell auch mal an uns selbst. Egoismus ist keine weibliche Eigenschaft, ich bin sicher, dass auch Du von dieser Prägung auch was abbekommen hast.
Es gibt nur wenige Frauen, die diesem „Geschenk“ entgangen sind, sie haben andere Probleme, die aber heute nicht das Thema sind.
Wichtig ist an dieser Stelle nur: es fällt uns Frauen tendenziell schwerer, für uns einzustehen, weil in uns früh kleine Aufopferer angelegt werden.
Teil doch mal mit Deiner Schwester! Gibst Du der Oma auch was ab? nein? Ach da bin ich aber traurig! Lass den Jungen doch mal mitspielen, er gibt Dir doch Deine Schaufel gleich wieder und das war jetzt nur eine Szene von einem Spielplatz Deiner Kindheit.
Und dann kommt der Punkt…
Der Punkt, an dem entweder die Stimmung kippt oder Du zerbrichst. Dein Widerstand endgültig aufgelöst, die großzügige Geberin, die auch noch gibt, wenn ihre letzten Reserven bereits erschöpft sind. Das ist der Moment, an dem viele Frauen in Burnouts landen, in Depressionen versinken und nicht mehr herausfinden, weil ihnen gar nicht klar ist, warum sie sich so fühlen, wie sie sich fühlen. Wie sollst Du auch einen Weg aus einem Labyrinth finden, wenn Du nicht weißt, dass Du in einem feststeckst?
Schöner ist das auch, klar, nicht für die Person, die drinsitzt. Für die ist das scheisse, been there, done that. Du hast keinen Bock darauf, Du WILLST das alles gar nicht, aber diese Opferrolle ist Dir auf den Leib geschneidert und sie anzunehmen bedeutet, dass Du ein bisschen Raum zum Atmen bekommst. Endlich kannst Du kurz rasten, kurz ruhen, kurz den Akku laden, bevor er sofort wieder leergezogen wird, denn Du bist ja krank. Ein wenig Rücksicht ist Dir gewiss (aber auch die ist endlich, was gleichzeitig mies und das beste ist, was Dir passieren kann).
Gesünder für Dich, zuerst einmal extrem unangenehm und gesellschaftlich viel weniger angesehen ist der Stimmungskiller. Er hat viel mit Aushalten lernen zu tun und ich glaube inzwischen, dass es in unserem Leben als Menschen (fast?) immer genau darum geht. Aushalten lernen. Erst die ungewohnten Geräusche, die Gerüche, das grelle Licht, die Kälte, Hunger, Alleinsein, Wachstum, Trennung, Frust, Autonomie, uns selbst.
Wir halten aus, wir lernen, unsere Impulse zu kontrollieren, lernen, dass all diese Dinge erst einmal nichts bedrohliches sind, dass wir immer mehr, immer länger aushalten können, wir nicht sofort verhungern, wenn das Essen nicht innerhalb von 0,2 Sekunden parat steht zum Beispiel.
Und genauso ist es, wenn wir unsere Grenzen für uns abstecken und sie unserem Umfeld klar machen. Es wird diejenigen geben, die wie trotzige 3-Jährige rebellieren, die sich verbal auf den Boden werfen und mit den Füßen strampeln, weil Du beginnst, für Dich einzustehen. Es wird die geben, die es immer wieder versuchen werden, einen Zehen über Deine Grenze zu schieben. Man kann’s ja mal probieren, ne? Und es kann die Menschen hervorlocken, die es auf die harte Tour versuchen. Mit Manipulation, mit verbalen Angriffen, mit perfiden Maschen.
Mein bester Tipp ist es, hier ruhig zu bleiben. Bei Dir zu bleiben, zentriert und rigoros. Es ist Dein Job und Dein Privileg, Deine Energie zu schützen. Lass Dich nicht aussaugen, wie ein iPhone-Akku von Hintergrundaktualisierungen (okay, der war mies, aber Du weißt, dass der Vergleich stimmt, oder?). Du entscheidest, wofür es sich lohnt, Deine Energie zu verWenden, verschwende sie nicht an Menschen, an Ereignisse, an Banalitäten, die Dein kostbarstes gar nicht wert sind.
Bleib rigoros.
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