In den letzten 2 Jahren habe ich im Schnelldurchlauf gelernt, was es bedeutet, ein erwachsener Mensch zu sein.
All die Kompetenzen, Tipps und Tricks, die ich schon seit (damals) über 9 Jahren hätte wissen und kennen sollen.
Denn darum geht es ja. Kindheit, Teenagerjahre und dann das Erwachsenenleben – sie alle sind wie Level eines Spiels, die Mensch auf seinem Lebensweg durchlebt. /nerdtalk
Die wichtigste Lektion und die schwerste
Eine der wichtigsten Lektionen, die das Leben für mich parat hatte, war zugleich die, die mir am schwersten gefallen ist.
Nicht etwa, weil sie so wahnsinnig herausfordernd ist, oder uuunglaublich schwer zu lernen.
Nope. Null.
Sie war deshalb schwer, weil ich ein verdammt stolze Halbwüchsige in einem Erwachsenenkörper war. Eine trotzköpfige Halbwüchsige, die jahrelang nur damit verbracht hatte, ihr Ego zu einem oberflächlichen Arschloch heranzutrainieren.
Ich spreche davon, um Hilfe zu bitten.
Warum Dein Kopf nicht will, dass Du diese Lektion lernst
Dein total wichtiges, gutes und bewundernswertes Gehirn ist in solchen Dingen leider total mies.
Einfach nicht sein Job. Stell Dir das mal vor: Du bist ein hochkomplexer Klumpen Nervenzellen und Synapsen. Du sitzt schön sicher im Schädel Deines Menschen, der ohne Dich nichts ist. Ohne Dich läuft generell eh nichts.
Du hast zwei Beine, die Dich durch die Lande tragen, zwei Arme, die außen am Schädel kratzen, wenn es juckt. Du hast ein Sprachzentrum, einen Tastsinn, Du schmeckst und riechst eine breite Palette (na gut, auf letzteres könntest Du auch manchmal verzichten, Stichwort: öffentliche Toiletten).
ALLES hört auf Dein Kommando. Da hättest Du doch auch ein Ego in Elefantengröße, oder?
Das Gehirn hat seine Untergebenen und mit denen schafft es so ziemlich alle Jobs. Sobald Du jemand anderen um Hilfe bittest, signalisierst Du für den Nervenklumpen in Deinem Kopf Schwäche.
Und warum er Unrecht hat, obwohl er vehement an seinem Irrglauben festhält
Dein Kopf ist die alte Frau, die sich an der Kasse vordrängelt und über die schlimme Jugend schimpft. Er kommt nicht damit klar, dass Du eben nicht alles im Alleingang lösen kannst.
Dein Kopf ist darauf ausgelegt, vermutlich mit uralten Anlagen ausgestattet – nur ja keine Schwäche zu zeigen. Egal, wie auswegs- und aussichtslos die Situation ist. Kommt jemand anderer zu Deiner Hilfe, hast Du versagt.
Zumindest gibt es da Köpfe, die sowas denken (hab ich mir sagen lassen). Da gibt es die Köpfe, die lieber eine Stunde lang googlen, statt kurz um Auskunft zu bitten. Und die, die sich lieber mit 15 Tüten bepackt vom Auto ins Haus schleppen, als mal eben um Unterstützung beim Tragen zu bitten.
Genau deshalb habe heute die wichtigsten News für Dich:
Um Hilfe zu bitten, Hilfe annehmen UND Dir selbst Hilfe zugestehen zu können, ist die Dreieinigkeit der Stärke.
Die Dreieinigkeit geht Dir erst dann in Fleisch und Blut über (und wird überhaupt mal leichter und fühlt sich nicht mehr TOTAL doof an), wenn Du übst.
Ich will Dich dazu ermutigen, ab jetzt einfach mal ein bisschen zu üben.
Du kannst Dich selbst nicht dafür verurteilen, Hilfe zu brauchen.
-Brené Brown
Bitte jemanden um ein bisschen Unterstützung, akzeptiere es in Würde, wenn Dein Gegenüber Ja sagt und akzeptiere es ebenso würdevoll, wenn Dein Gegenüber Nein sagt.
Ja, auch das kann passieren! Nur weil Du jemand um Hilfe bittest, heißt das noch nicht, dass Dir geholfen wird. Du weißt aber auch, dass Du nicht immer vom Schlimmsten ausgehen solltest.
Wenn Du also ein Nein zur Antwort bekommst, ist das keine Ablehnung Deiner Person, es ist auch kein „Nein, Du darfst nie nie nie Hilfe bekommen.“ Es kann ein simples „Ich kann Dir nicht helfen, bitte such Dir jemand anderen“ sein.
Es kann auch ein „Oh Gott, was willst Du jetzt von mir? Wenn ich Dir helfe, willst Du mir dann auch helfen? Das kann ich nicht annehmen!“ sein. Der menschliche Verstand ist ein seltsames Tier.
3 gute Gründe, warum Du jetzt anfangen solltest Dein Um-Hilfe-bitten-Gen zu trainieren
1. Verleugnung
Dir einzureden, dass Du niemals Hilfe brauchst oder brauchen wirst, ist Selbstbetrug. Eines Tages wirst Du Hilfe brauchen. Du magst denken, dass es ein Zeichen von Stärke ist, keine Hilfe zu brauchen, aber das ist Einbildung. Vielleicht glaubst Du aber auch, dass Du auf gar keinen Fall so egoistisch sein und andere ausnützen kannst. Auch Verleugnung. Hör auf damit!
2. Verständnis
Hast Du schon mal jemandem geholfen und hast Dich danach richtig toll gefühlt? Anderen zu helfen verursacht ein warmes Gefühl in der Herzgegend und kann ein Gefühl im Helfenden auslösen, als könne man Bäume ausreißen. Sofern Dein Gegenüber nicht unter einem ungesunden Helferkomplex leidet, ist es also durchaus nicht nur eigennützig, um Hilfe zu bitten.
Du hast außerdem etwas ganz besonderes, das nur DU der Welt geben kannst. Es wäre eher eigennützig, dieses Geschenk vom Universum nur für Dich zu behalten. Sieh es doch mal so! (Übrigens: Das muss nicht kostenfrei sein!)
Nächstes Mal kannst Du Dich außerdem in die Lage einer Person versetzen, die Dich um Hilfe bittet. Und wenn’s nur die Frau ist, die Dich fragt, welche U-Bahn die richtige ist.
3. Verbindung
Helfen und sich helfen lassen schafft eine besondere Form der Verbindung zwischen zwei Menschen.
Vielleicht habt ihr in der Schule auch mal dieses Spiel gespielt, bei dem ein Wollknäuel von Kind zu Kind geworfen wird und jedes Kind behält den Faden in der Hand.
Dieses Geflecht, das sich ergibt, ist ein schönes Bild für das Netzwerk, das sich ergibt, wenn Du um Hilfe bittest und Unterstützung erhältst. Diese Verbindungen halten viel länger als die, die entstehen, wenn Du nur um Gefallen bittest.
Wir erreichen einander durch unsere gegenseitige Unterstützung. Und das ist so viel wertvoller, als irgendein oberflächlicher Stolz, den wir empfinden, wenn wir denken, WIR bräuchten doch garantiert niemals Hilfe.
*wirft Dir ein Wollknäuel zu*
Wirf das Wollknäuel auf Pinterest weiter!
Lia
Hey Andrea,
ich lese jetzt schon eine Weile still und leise deinen Blog. Von Anfang an, um auch die richtige Reihenfolge zu haben (du kennst ja den Ordnungs-Monk 😉)
Aber dieser Artikel spricht mir soooooo sehr aus der Seele!! Ich selber arbeite im sozialen Bereich und man glaubt ja gar nicht, wie verpönt dort dieses Thema „um Hilfe fragen“ ist… Gerade dann, wenn du eine neue Stelle antrittst ist das Fragen ja umso wichtiger, du kennst dich ja in den dortigen Abläufen gar nicht aus etcpp. Die Liste lässt sich ja ohne Weiteres verlängern.
Ich werde jetzt noch ein oder zwei Artikel lesen, bevor ich selber zur Arbeit fahre.
Ich entdecke in Vielem deiner Texte, womit ich mich (stark) identifizieren kann.
Danke!
LG,
Lia
Andrea
Hallo liebe Lia,
hihi dann viel Spaß beim Beobachten der Schreib-, Blog- und Persönlichkeitsmorphose 😀
Ich freu mich sehr, dass Du Dich in meinen Beiträgen wiederfindest. Wie schön, dass Du hergefunden hast!
Und das hab ich auch beobachtet! Woher soll man es denn eigentlich wissen, ne? Aber der Anspruch an sich selbst ist oft so hoch…
Ein gutes Neues Jahr für Dich! Alles Liebe
Andrea
Lia
Hallo Andrea,
dir auch ein gutes Neues 🙂
Genau, so sieht es leider aus. Ich selber habe so hohe Ansprüche an mich selbst, dass es mich z.T. verwundert, wenn Andere sagen „Mach doch mal langsam“. Aber wie heißt es so schön? Mühsam nährt sich das Eichhörnchen und nach jetzt knapp über 7 Monaten im neuen Job stellt sich dieses Denken so langsam ein. Man kann sich ja nicht von jetzt auf gleich umkrempeln und alles anders machen.
Ich freue mich auch sehr, dass ich die spontane Begegnung vertieft und weitergelesen habe. Und dank FB bekomme ich jetzt die Aktualisierungen viel schneller mit 🙂
Lieben Gruß,
Lia