Puh, dieser Artikel ist wirklich lange überfällig!
Immer mal wieder habe ich in E-Mails an Dich angekündigt, dass es ganz bald einen Artikel zum Thema Multitasking geben würde. Und dann passierte nichts. Wobei, das stimmt auch nicht ganz.
Wir erfuhren, dass mein Freund wohl seinen Job verliert. Wir entrümpelten die Wohnung, wir zogen um und ich startete ein weiteres Projekt.
Aber jetzt ist es endlich soweit!
Der Hype um Multitasking
Die Multitasking-Bewegung hatte ihren Höhepunkt vor ungefähr 8 Jahren. Da war ich gerade 20 und die Aussicht mehrere Dinge gleichzeitig erledigen zu können, war himmlisch.
Ich hatte ja keine Ahnung, dass das möglich war!
An all das erinnere ich mich so, als wäre es gestern gewesen (Verdammtes Elefantenhirn!)
Multitasking kam mir vor wie ein Wink aus der Zukunft, so ungefähr müssen sich die Leute gefühlt haben, als damals die ersten Fords vom Fließband rollten.
Ging es Dir da ähnlich?
Knapp ein Jahr später, während der Vorbereitungen auf meine Prüfungen multitaskte ich munter drauf los. Ich hörte Musik während ich lernte, ich sah mir Serien an, chattete mit Freunden, schrieb SMS. Während ich lernte.
Merkst Du den Fehler?
Während ich mich auf verschiedenste Sachgebiete vorbereitete tat ich praktisch alles, außer lernen.
Glücklicherweise schloss ich dennoch mit einem zufriedenstellenden Ergebnis ab, aber meine Begeisterung für das Alles-gleichzeitig-erledigen bekam einen gehörigen Dämpfer.
Und ich suchte den Fehler bei mir.
Wahrscheinlich war ich einfach zu unbegabt für Multitasking, ja, das musste es sein!
Denn überall war doch zu lesen, wie cool das war und wie produktiv alle waren – natürlich nur dank unser aller Lieblingsdroge.
Nach und nach wurden immer
(Gerade flatterte eine E-Mail rein und ich war abgelenkt – 3 Minuten)
mehr Gegenstimmen laut. Wissenschaftler, Manager, Ärzte und Therapeuten, die lautstark forderten, man möge doch aufhören, diese Ammenmärchen über Multitasking zu erzählen.
(und jetzt kam just der Mann nach Hause, wir kochten und aßen – 1 Stunde)
3 Punkte hast Du, hab ich schon x-mal gehört und vielleicht glauben wir sie ja sogar immer noch.
Punkt 1: Jeder kann multitasken
Falsch! Nur 2% der Bevölkerung sind überhaupt dazu in der Lage, effektiv zu multitasken.
Dem Rest schadet es mehr, als es gutes bewirkt.
Punkt 2: Nur Frauen können multitasken
Falsch! Die 2%, die multitasken können sind definitiv nicht nur Frauen.
Punkt 3: Multitasking erhöht die Produktivität
Falsch! Deine Produktivität sinkt um 40% „dank“ Multitasking.
Der große Irrtum
Der Aha-Effekt trat bei mir erst ein, als ich mich wirklich so ganz intensiv mit Multitasking auseinander setzte.
Ich stelle vor allem eines fest: Bei Multitasking gibt es einen Wahnsinnsunterschied zwischen Deinen Erwartungen und der Realität.
(Draußen vor dem Fenster jagen sich die beiden Eichhörnchen durch die Baumwipfel – 5 Minuten)
Lass mich Dir ein Beispiel geben:
Du gehst die Straße entlang mit Kopfhörern im Ohr. Plötzlich bekommst Du eine WhatsApp. Natürlich möchtest Du sofort antworten, es könnte ja was total wichtiges sein (Deiner besten Freundin ist der Schal ihres Lebens begegnet oder so). Und schon alleine der Signalton Deines Smartphones zeigt Dir an, dass Deine Aufmerksamkeit hier gefordert ist!
Du nimmst also Dein Smartphone heraus und fängst an, die WhatsApp-Nachricht zu beantworten.
Deine Erwartung ist, dass Du ganz easy während Du läufst, die Nachricht tippst und so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hast. Ans Ziel kommen + Nachricht beantworten.
In der Realität sieht es aber eher so aus, dass Du immer langsamer wirst und eventuell sogar ganz stehen bleibst. Vielleicht läufst Du in andere Menschen oder Laternen (hab mal gehört, das kann passieren, hab es selbst noch nicht erlebt). Sehr wahrscheinlich aber triffst Du kaum die richtige Taste und bist am Ende total frustriert, weil Dir womöglich die Tram vor der Nase wegfährt oder Dich jemand anpflaumt, weil Du ihm vor’s Fahrrad läufst.
Und da sind wir auch gleich beim großen Irrtum: Multitasking wurde schlicht und einfach verwechselt.
Multitasking lebt seit langer Zeit unter einem Decknamen in unserer Gesellschaft und obwohl wir alle seinen wahren Namen kennen, nennen wir es nie dabei. Fast wie beim Rumpelstilzchen.
Wir nennen es: Mehreres gleichzeitig tun, parallele Tätigkeiten, Aufgaben jonglieren, die Balance finden zwischen verschiedenen Dingen.
Aber das ist falsch. Multitasking hat nichts mit gleichzeitig zu tun, nichts mit Balance.
Der englische Thesaurus ist es, der als absolutes Gegenteil von Multitasking nur ein Wort liefert: Focus.
Das Wort, das wir alle verzweifelt suchen und das wir meinen, wenn wir „Multitasking“ sagen, ist schlicht und ergreifend dieses:
Ablenkung
Denn im Endeffekt ist Multitasking genau das und es läuft immer auf diese 3 Punkte hinaus:
- Du wirst unkonzentriert.
- Du schaffst weniger als Du Dir vornimmst (und auch weniger, als Du vermutest)
- Du versuchst, Deine Aufmerksamkeit auf 2 oder mehr Dinge gleichzeitig zu lenken und in Wirklichkeit lenkst Du Dich nur ab.
Ablenkung ist überall.
In Deiner Tasche das Smartphone, mit dem Du die unendlichen Weiten des Internets mit Dir herumträgst.
Mit einer Breitbandverbindung bringt es Dich jeden Tag um die ganze Bandbreite Deines Lebens.
Der Fernseher in Deinem Wohnzimmer, der aus dem Kreis der Familie nur noch einen Halbkreis macht und Dir tagein, tagaus erzählt, wie schlimm die Welt ist. Und wer sich von wem hat scheiden lassen.
E-Mails, die immer dann eintrudeln, wenn Du gerade mitten ein einer Aufgabe steckst und die Dir immer das Gefühl geben, superwichtig zu sein.
Dein Computer, Shopping, ja sogar der Haushalt – alles ist recht, um Dich nur ja nicht fokussieren zu müssen.
Denn wenn Du Dich fokussierst, wenn Du all Deine Energie konzentrierst, dann können wahnsinnige Dinge passieren.
Du könntest merken, dass Du Dein Leben gar nicht so gut findest, wie es momentan ist.
Du könntest merken, dass Du Bereiche Deines Lebens vernachlässigst, die für Dich wichtig sind.
Du könntest merken, dass Du nicht glücklich bist.
Dass Du so viel mehr (er)schaffen kannst, als Du es bisher tust.
Und noch viel schlimmer: Du könntest ausbrechen wollen aus Deiner Komfortzone.
Und warum ist das negativ?
Deine Komfortzone ist ein wunderschöner Ort, aber dort wächst niemals etwas.
Ein Ausbruch aus Deiner Komfortzone wäre mit Kraftanstrengungen verbunden, vielleicht auch mit Unbehagen. Und nein, das will das Arschloch in Deinem Kopf auf gar keinen Fall.
Und deshalb hält es Dich immer schön abgelenkt, damit Du nur ja nicht zu lange an einer Sache knabbern kannst.
Die Frage, warum das schlecht sein soll, ist auf jeden Fall berechtigt.
Schließlich gibt es doch auch gute Formen der Ablenkung, oder? Etwa, wenn Du an Liebeskummer leidest und Deine beste Freundin Dich aufmuntert. Oder wenn Du wütend bist und eine Runde joggen gehst.
Das große Problem an den ganzen Aufmerksamkeitsfressern, von denen wir umgeben sind, ist, dass sie Dich unglaublich viel Kraft kosten. Wenn Du versuchst, zu „multitasken“, kostet Dich das ungefähr so viel Energie, wie eine Nacht in der Du nicht geschlafen hast.
Oder stell Dir folgende Situation vor: Gerade hast Du Dir überlegt, dass Du in Deinem Job unglücklich bist, da siehst Du im nächsten Moment eine tolle Tasche für 400€. Na, wenn Du Dir sowas leisten möchtest, kannst Du auf jeden Fall keinen schlechter bezahlten Job anfangen oder gar kündigen. Du bleibst wo Du bist und bewegst Dich nicht.
Die Ablenkung lähmt Dich und hält Dich an Ort und Stelle. Und das gilt es zu ändern, denn Dein Leben ist im Fluss. Es bewegt sich stetig vorwärts. Es ist notwendig, dass Du Dich mit ihm bewegst und zwar nicht auf dem Karussell der Ablenkung sondern vorwärts, auf zu neuen Ufern!
Du kannst nicht zweimal in denselben Fluss steigen.
-Heraklit
Suzanne
Hallo liebe Andrea,
Du sprichst mir aus der Seele, aber auch ich musste diese Lektion hart lernen. Bei mir war es mein Smartphone, das mein Leben ganz schön auf den Kopf gestellt hat (was ich nicht so schnell gemerkt habe)
Ich habe mir relativ spät eins gekauft – im September 2013. Und nur kurze Zeit danach war ich auch eine dieser Personen, die ständig das Smartphone in der Hand hatte. Furchtbar. Hier noch ne Nachricht, da nochmal Facebook checken… und das, obwohl man eigentlich gerade Zeit mit lieben Menschen verbringt.
Seit einiger Zeit achte ich darauf,wieder mehr Dinge bewusster zu machen, also fokussierter… Das tut auf jeden Fall sehr gut und schärft den Blick für’s Wesentliche.
Daher kann ich Deine Thesen nur unterschreiben und werde auch weiterhin versuchen, mich stärker zu fokussieren.
Liebe Grüße
Suze
Andrea
Liebe Suze,
ui ja, beim Smartphone ist es auch wahnsinnig schwer! Ich erschrecke mich oft, wenn ich es „nur mal kurz“ in die Hand nehme und schwupps sind 10 Minuten oder mehr rum!
Fokussieren ist glaube ich so wie Krafttraining 😉 Man muss immer dran bleiben, sonst sieht man keine Ergebnisse 🙂
Alles Liebe!
Andrea
Mrs Globalicious
Ja, Multitasking ist so ne Sache. Mir ist auch schön äufiger passiert, dass ich zwar dachte, ich könnte mehrere Sachen auf einmal machen, aber meine Konzentration dabei ganz schön auf der Strecke blieb. Am schlimmsten ist es bei mir, wenn ich lesen möchte und dabei Musik höre. Das geht ein paar Minuten gut, bis ich die gleiche Zeile zum zehnten Mal gelesen habe, aber immernoch nicht verstanden habe, was ich da eigentlich gelesen habe. 🙂
Manche Dinge muss ich einfach strikt trennen….
Liebe Grüsse,
Doris
Andrea
Liebe Doris,
oh ja, das kenne ich so gut 😉 Besonders schlimm ergeht es mir, wenn ich deutsch lese und englisch höre und umgekehrt. Da purzelt alles durcheinander im Kopf.
Immer schön eins nacheinander ist doch viel angenehmer!
Alles Liebe,
Andrea